TOPIC-Besuch bei
Halim Cengiz und Jutta Konowalczyk-Schlüter
Kultur- und Friedensarbeit zwischen zwei Religionen
Halime Cengiz ist Frauenbeauftragte der Ditib-Mevlana-Moschee und des Ditib-Landesverbandes
Jutta Konowalczyk-Schlüter ist Pastorin der Evangelischen Gemeinde Gröpelingen und Oslebshausen
Respektieren, nicht missionieren
Sie kennen sich seit elf Jahren. Der Anfang der Freundschaft zwischen Pastorin Jutta Konowalczyk-Schlütter und Halim Cengiz war eine ganz normale Sache zwischen zwei Frauen. "Als ich mich bei einer muslimischen Veranstaltung informieren wollte, sah ich nur eine Frau, das war Halim, ich habe mich neben sie gesetzt. Dass sie auch deutsch konnte hat den ersten Kontakt sehr erleichtert."
Aus dieser Begegnung folgerten gegenseitige Besuche, es wurde ein Gesprächskreis gegründet, in denen sich christliche und muslimische Frauen über Alltagsangelegenheiten und Glaubensfragen
austauschen konnten und von hier ausgehend Aktivitäten geplant, die Kinder und Jugendliche und vor allem die Männer mit einbinden sollten.
"Mein Sohn," sagt die Pastorin, "fragte neulich, 'Mama, wann ist denn wieder was los, ich war lange nicht mehr in der Moschee'. Ich finde das toll, er ist dreizehn und praktisch damit
aufgewachsen."
"Das ist für viele Kinder und Jugendliche hier schon normal, dass die mal in die Kirche und mal in die Moschee gehen", ergänzt Halim Cengiz.
Kinder haben keine Berührungsängste und finden es schön, wenn sie ihre Schulfreundinnen und -freunde auch bei den interreligiösen Veranstaltungen treffen, stellen die beiden egangierten Frauen fest.
"Es zählt immer das Persönliche ... wir haben uns von vornherein gesagt: wir wollen uns nicht gegenseitig missionieren, wir respektieren uns in unseren unter-schiedlichen Glaubensrichtungen",
sagen sie übereinstimmend.
Jesus im Koran - Jesus in der Bibel
"Natürlich ist es so, dass wir die Arbeit aus religiöser Motivation tun, es ist schon der Motor, der uns auch nicht aufgeben lässt und die elf Jahre getragen hat", erklärt Jutta Konowalczyk-Schlüter und Halim Cengiz ergänzt: "Wir haben ein Motto: 'Achte, was dem anderen wichtig ist'. Wir wollen den Anderen also so respektieren in seinem Glauben, so können wir uns auch auf Augenhöhe begegnen und uns austauschen."
Austausch heißt natürlich auch, sich mit dem Koran wie mit der Bibel auseinanderzusetzen. Veranstaltungen werden organisiert, die zum Beispiel die Überschrift tragen: "Jesus im Koran, Jesus in
der Bibel".
"Ja, Jesus kommt wirklich vor im Koran, es gibt sogar ein Sure über die Maria. Wir müssen auch an Jesus als Prophet glauben, ihn als Prophet anerkennen, sonst wären wir keine Muslime", erklärt Halim Cengiz, "Maria wird bei uns sehr geehrt, als Person und als Mutter, wie gesagt, es gibt eine extrallange Sure im Koran und sie ist die einzige Frau im Koran, der eine Sure gewidmet ist".
... erstmal zusammenbringen ...
Die "nur-religiösen" Themen aber kommen bei den Jugendlichen nicht so sehr an, das wissen die beiden Frauen, weshalb sie "erstmal zusammenbringen" wollen. Sind denn die unterschiedlichen Konfessionen Streitthemen unter Jugendlichen? "Das", so Konowalczyk-Schlüter, "kommt immer auf die allgemeine Situation an.
Wir hatten mal Jugendliche aus einem anderen Stadtteil zu Besuch, die eine schon eine hausgemachte Aggressivität mitbrachten, da ging alles durcheinander, keine Kommunikation, alles sprach gleichzeitig, keiner hörte auf den anderen, es war eine hochgradig aggressive Stimmung. So kennen wir das hier nicht."
"'Man kann nicht sagen, dass es eine Sache der Religion ist und man kann auch nicht sagen, nur weil du Eltern hast, die aus der Türkei kommen und du in einem so genannten Problemstadtteil wohnst,
bist du so. Aber am Elternhaus liegt vieles ...", sagt Halim Cengiz und Jutta Konowalczyk-Schlüter: "... Problemkinder gibt es genauso auf christlicher Seite
..."
-tja- Take Janssen
Kontakte:
*Evangelische Gemeinde
Gröpelingen und Oslebshausen
Lindenhofstraße 18
28237 Bremen
Fon 0421-614001
www.evggo.de
*Mevlana Camii Moschee
DITIB-Türkisch Islamische
Gemeinde zu Bremen e.V.
Lindenhofstraße 33-35a
28237 Bremen
Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon
Seit 1983 verleiht der Verein der Freunde und Förderer der Villa Ichon jährlich den mit 5000 Euro dotierten Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon an einen Bremer Kulturschaffenden oder eine Bremer Kulturgruppe für ein Werk oder Wirken, das zugleich ein eindeutiges Bekenntnis zum Frieden darstellt und von hohem kulturellem Rang ist.